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Hinweis
Die transkranielle Pulswellenstimulation (TPS) wird hier besprochen, weil dieses Verfahren vermehrt klinische Anwendung findet und eine entsprechende Nachfrage besteht. Allerdings ist zum jetzigen Zeitpunkt die Evidenz als lediglich gering einzuordnen, weswegen die Anwendung der TPS bei Patienten mit einer Alzheimer Krankheit in klinischen Studien zu empfehlen ist. Solche werden unter anderem an neurologischen Zentren in Deutschland angeboten.Kurzzusammenfassung
Die Methode der transkranielle Pulswellenstimulation (TPS) ist aktuell kritisch zu beurteilen.
- TPS wird hier besprochen, weil dieses Verfahren vermehrt klinische Anwendung findet und eine entsprechende Nachfrage besteht. 1
- Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Evidenz als lediglich gering einzuordnen, weswegen die Anwendung der TPS bei Patienten mit einer Alzheimer Krankheit in klinischen Studien zu empfehlen ist.1
- TPS Studien mit Alzheimer Betroffenen werden an neurologischen Zentren in Deutschland durchgeführt.
- Generell wird von einer Anwendung von TPS durch Zentren ohne die nötigen neurologisch/psychiatrischen Qualifikationen abgeraten.1
- Die S3 Leitlinien Demenzen2 machen keine Aussage zu dieser Methode.
Verfügbare Evidenz
- Hinweise aus klinischen Studien deuten darauf hin, dass TPS bei Alzheimer-Erkrankten zu einer Verbesserung der kognitiven Leistung und zur Verringerung depressiver Symptome führen kann.3,4
- Allerdings waren die Studien klein und nur eine dieser Studien war randomisiert.3,4 In der randomisierten Studie waren die Verbesserungen der kognitiven Leistungen auf die jüngeren Patienten (< 70 Jahre) beschränkt.3
- Insgesamt ist die Evidenz als gering einzuordnen.5
Sicherheit
- Unerwünschte Ereignisse wiesen in der Regel einen leichten bis mittleren Schweregrad auf und waren meist reversibel und von kurzer Dauer.3,4 Unter anderem traten Depressionen, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Schwindelgefühl, Stimmungsschwankungen, Übelkeit und Schläfrigkeit auf. 3,4
Anwendung
- Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Evidenz als lediglich gering einzuordnen, weswegen die Anwendung der TPS bei Patienten mit einer Alzheimer Krankheit in klinischen Studien zu empfehlen ist.1 Eine Anwendung von TPS in der Regelversorgung ist verfrüht.5
- Studien laufen aktuell an mehreren neurologischen Zentren in Deutschland.
- Falls es zur Anwendung von TPS kommt, sollte die Methode durch Fachärzte mit umfassenden neurologisch/psychiatrischen Kenntnissen angewendet werden.1
Kostenübernahme
- Die TPS ist keine Kassenleistung, weswegen Patienten die Kosten selbst tragen müssen.6
Referenzen
Informationen zur transkraniellen Pulsstimulation (TPS)
Die transkranielle Pulsstimulation (TPS) ist eine nicht-invasive Technik zur Stimulation des menschlichen Gehirns mit Hilfe fokussierter Ultraschallwellen. Durch sehr kurze und gezielte Ultraschallpulse (~3 µs alle 200–300 ms) bei einer typischen Frequenz von 5 Hz sollen Gehirnzellen von Alzheimer-Betroffenen aktiviert und die Konnektivität in den betroffenen Regionen wieder angeregt werden.1,2
Evidenz
Vor kurzem wurden die Resultate einer ersten randomisierten, doppelbinden Studie zur Anwendung von TPS in Patienten mit einer Alzheimer Erkrankung veröffentlicht.3 Die monozentrische Studie schloss 60 Patienten ein, die Hälfte davon wurde in einem ersten Zyklus mit TPS und in einem zweiten Zyklus mit vorgetäuschter TPS behandelt, bei der anderen Hälfte bestand der erste Zyklus aus vorgetäuschten und der zweite aus Verum TPS Sitzungen.3 Ein Zyklus umfasste entweder 6 Verum oder 6 vorgetäuschte TPS-Applikationen (6000 Pulse, 0,20 mJ/mm2, 5 Hz) innerhalb von 2 Wochen und eine Nachbeobachtungszeit von ca. 3 Monaten. Zwischen den Zyklen gab es eine ca. 5-wöchige Washout-Phase. Stimuliert wurden Hirnregionen im Frontal- und Parietallappenbereich.3
Die primäre Datenanalyse zeigte keinen Unterschied zwischen echter und vorgetäuschter TPS.3 Jedoch führte die TPS-Behandlung bei den jüngeren Patienten (< 70 Jahre) zu Verbesserungen von kognitiven Leistungen, welche anhand der kognitiven Messskale CERAD CTS (Consortium to Establish a Registry for Alzheimer’s Disease, primärer Studienendpunkt) bestimmt wurden. Darüber hinaus kam es zur Verringerung von depressiven Symptomen (BDI, Beck-Depressions-Inventar). Die Ergebnisse der funktionellen Magnetresonanztomographie (MRT) weisen auf höhere gedächtnisassoziierten Hirnaktivierung oder Verbesserungen bei aufmerksamkeitsbezogenen Aspekten der Kognition hin.3
Unerwünschte Ereignisse wiesen in der Regel einen leichten bis mittleren Schweregrad auf. Die am häufigsten aufgetretenen Symptome waren Depressionen (12%), Kopfschmerzen (7%), Schmerzen im Nacken, in der Schulter, im Rücken oder in der Hand ( 7%), Schwindelgefühl (5%), Angstzustände (2%), Schlafstörungen (2%) und Müdigkeit (2%).3 Bei einem Patienten trat eine leichte transitorische ischämische Attacke in der Phase nach dem ersten TPS-Zyklus auf.3 Bei den Patienten wurden keine größeren neuropathologischen Veränderungen festgestellt.3
Eine 2023 veröffentlichte Meta-Analyse bewertete die Ergebnisse aus den früheren Studien.2 Die Meta-Analyse basiert auf 5 nicht-randomisierten Studien (99 Patienten) und berichtete über positive Effekte von TPS für die kognitiven Messkalen CERAD, ADAS-kognitiv (Alzheimer’s Disease Assessment Scale), MoCa (Montreal Cognitive Assessment) und MMST (Mini-Mental-Status-Test) beziehungsweise für die Depressionsskalen ADAS-affektiv, BDI und GDS (Geriatrische Depressionsskala).2 Funktionellen MRT-Ergebnisse unterstützen die klinischen Resultate. Unerwünschte Ereignisse, die in den Studien auftraten, waren u.a. Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen, Kieferschmerzen, Übelkeit und Schläfrigkeit, die meist reversibel und von kurzer Dauer waren. Es wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse oder Komplikationen beobachtet.2
Anwendung im Rahmen von klinischen Studien
Aufgrund der geringen Evidenz beurteilt die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) die Methode als „zu früh für die Regelversorgung.“1 Die S3 Leitlinien Demenzen machen keine Aussagen zur TPS.4 Obwohl Patienten in der Regel die Kosten selbst tragen müssen, gibt es in Deutschland Nachfragen für TPS.5
Die Arbeitsgruppe Alzheimer Qualitätshandbuch beobachtet, dass das TPS Verfahren vermehrt klinische Anwendung findet und eine entsprechende Nachfrage besteht.6 Allerdings ist zum jetzigen Zeitpunkt die Evidenz als lediglich gering einzuordnen, weswegen die Anwendung der TPS bei Patienten mit einer Alzheimer Krankheit in klinischen Studien zu empfehlen ist und zwar mit dem Ziel die Evidenz zu substantiieren.6 Entsprechende TPS Studien mit Alzheimer Betroffenen werden an neurologischen Zentren in Deutschland durchgeführt.
Generell rät die Arbeitsgruppe von der Anwendung von TPS durch Zentren ohne die nötigen neurologisch/psychiatrischen Qualifikationen ab.6
Falls TPS zur Anwendung kommt muss der für eine Applikation von TPS verantwortliche Kliniker ein genaues Verständnis für die Sicherheitsfragen in Bezug auf das angewandte System und die allfälligen klinischen Probleme haben.7 Dies betrifft die biophysikalischen Grenzen des Ultraschallsystems und das klinische Fachwissen zur Bewertung möglicher Risiken für das Gehirn.7 Die für TPS eingesetzten Ultraschallsysteme sollen eine Fokussierung im mm-Bereich für ein präzises Targeting ermöglichen und müssen umfassend geprüft werden.7 Ein angewendetes System (TPS, Storz Medical AG) ist CE-zertifiziert.7