Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS)

Hinweis
Die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) wird hier besprochen, weil eine Nachfrage danach besteht. Allerdings ist zum jetzigen Zeitpunkt die Anwendung von rTMS bei Patienten mit einer Alzheimer Krankheit außerhalb von formellen klinischen Studien verfrüht, die Evidenz ist zu gering. Studien zum Nutzen dieses Verfahrens laufen.

    Verfügbare Evidenz und Anwendung

    • Es liegen Hinweise aus klinischen Studien vor, dass rTMS bei Alzheimer-Erkrankten zu einer Verbesserung der kognitiven Leistung führen kann.3-5
    • Die heutige Datenlage ist allerdings zungering für eine Empfehlung für die klinische Anwendung von rTMS bei Alzheimer Patienten außerhalb von klinischen Studien.3,4
    • rTMS Studien mit Alzheimer Betroffenen werden an neurologischen Zentren in Deutschland durchgeführt.1
    • In anderen Indikationsgebieten, z.B. Depression gehört die Anwendung von rTMS zum therapeutischen Armamentarium.6
    • Falls es zur Anwendung von rTMS kommt, sollte die Methode durch Fachärzte mit umfassenden neurologisch/psychiatrischen Kenntnissen angewendet werden.1

    Angewendetes Verfahren

    • In Studien zur rTMS bei Alzheimer Erkrankten war i.d.R. der dorsolaterale präfrontale Kortex oder der Praecuneus der Stimulationsort.5,7 Der optimale Zielort wird jedoch zunehmend auf individuelle Krankheitsmerkmale abgestimmt und entsprechend personalisiert.7 Die Umsetzung der Personalisierung ins klinische Umfeld ist herausfordernd und ressourcenintensiv.7
    • Wenig Klarheit gibt es zu der anzuwendenden Stimulationsfrequenz oder zu der Anzahl rTMS-Therapiesitzungen für Alzheimer Erkrankte.5
    • Patienten in einem früheren Alzheimer Stadium scheinen besser von rTMS zu profitieren als Patienten in einem späteren Krankheitsstadium.5

    Sicherheit

    • Die TMS gilt unter Beachtung der geltenden Sicherheitsempfehlungen als gut verträglich.5
    • Die häufigsten Nebenwirkungen sind leichte und vorübergehende Kopfschmerzen sowie Kribbelparästhesien durch Stimulation der Kopfhaut.5
    • Während der Anwendung sollten Patienten sowie Untersuchende einen Gehörschutz tragen.5

    Verfügbarkeit und Kostenübernahme

    • Da rTMS bei anderen neurologischen und psychiatrischen Störungen angewendet wird (z.B. Depressionen), wird rTMS an zahlreichen Standorten in Deutschland angeboten.6
    • rTMS ist bislang in keiner Indikation eine obligatorische Kassenleistung, einige private Krankenversicherer übernehmen die Kosten für rTMS zur Behandlung einer Depression.

    Referenzen

    1. Projekt-Arbeitsgruppe Alzheimer Qualitätshandbuch der drei Berufsverbände der Fächer Neurologie, Psychiatrie und Nervenheilkunde (BDN/BVDP/BVDN). März 2025.
    2. DGN e. V. & DGPPN e. V. (Hrsg.) S3-Leitlinie Demenzen, Version 5.0, 28.02.2025, verfügbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/038-013, Zugriff am 13.03.2025.
    3. Lefaucheur JP, André-Obadia N, Antal A, et al. Evidence-based guidelines on the therapeutic use of repetitive transcranial magnetic stimulation (rTMS). Clin Neurophysiol. 2014;125(11):2150-2206. doi:10.1016/j.clinph.2014.05.021.
    4. Lefaucheur JP, Aleman A, Baeken C, et al. Evidence-based guidelines on the therapeutic use of repetitive transcranial magnetic stimulation (rTMS): An update (2014-2018) [published correction appears in Clin Neurophysiol. 2020 May;131(5):1168-1169. doi: 10.1016/j.clinph.2020.02.003]. Clin Neurophysiol. 2020;131(2):474-528. doi:10.1016/j.clinph.2019.11.002.
    5. Wang X, Mao Z, Ling Z, Yu X. Repetitive transcranial magnetic stimulation for cognitive impairment in Alzheimer’s disease: a meta-analysis of randomized controlled trials. J Neurol. 2020;267(3):791-801. doi:10.1007/s00415-019-09644-y.
    6. Jooß, A; Ziemann, U. Transkranielle Magnetstimulation: Auf dem Weg zur individualisierten Neuromedizin. Dtsch Arztebl 2023; 120(50): A-2147 / B-1823.
    7. Jung YH, Jang H, Park S, et al. Effectiveness of Personalized Hippocampal Network-Targeted Stimulation in Alzheimer Disease: A Randomized Clinical Trial [published correction appears in JAMA Netw Open. 2024 Jul 1;7(7):e2426187. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.26187]. JAMA Netw Open. 2024;7(5):e249220. Published 2024 May 1. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.9220.

Die transkranielle Magnetstimulation (TMS) ist ein nicht-invasives Verfahren, bei der Gehirnareale mithilfe von Magnetfeldern durch die Schädelkalotte (transkraniell) stimuliert oder gehemmt werden können.1 Bei der repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) wird die TMS in einem bestimmten zeitlichen Muster wiederkehrend (repetitiv) verabreicht.

Dadurch können abhängig von der Stimulationsfrequenz Aktivitätsveränderungen im stimulierten Hirnareal induziert werden, die über die Dauer der Stimulation hinaus anhalten.2 Die hochfrequente rTMS (> 1 Hz) wird genutzt, um die Erregbarkeit des stimulierten Kortex über Mechanismen der Langzeitpotenzierung zu erhöhen, die niederfrequente rTMS (< 1 Hz) um die kortikale Erregbarkeit ähnlich einer Langzeitdepression zu verringern.2 Relativ gute Wirksamkeitsevidenz für eine signifikante klinische Verbesserung der Symptome besteht für die hochfrequente rTMS des primären motorischen Kortex kontralateral zur schmerzhaften Körperseite bei neuropathischen Schmerzen, für die hochfrequente rTMS des linken dorsolateralen präfrontalen Kortex bei Depressionen und für die niederfrequente rTMS des kontraläsionalen Motorkortex zur motorischen Erholung nach einem motorischem Schlaganfall.2

Die Methode gilt unter Beachtung der geltenden Sicherheitsempfehlungen als gut verträglich.2 Die häufigsten Nebenwirkungen der TMS sind leichte und vorübergehende Kopfschmerzen sowie Kribbelparästhesien durch Stimulation der Kopfhaut. Patienten sowie Untersuchende sollten während der TMS-Anwendung einen Gehörschutz tragen um die lauten Klickgeräusche bei der Stimulation abzudämpfen.2

Studien mit Alzheimer Erkrankten deuten darauf hin, dass rTMS zu einer Verbesserung der kognitiven Leistung führen kann.3-5 Allerdings reicht die heutige Datenlage nicht aus, um eine Empfehlung für die klinische Anwendung von rTMS bei Alzheimer Patienten auszusprechen.3,4 So die Einschätzung von Europäischen Experten, die auf einer umfangreichen Evidenz-Analyse basiert.3,4 Insbesondere liegen keine unabhängig replizierten placebokontrollierten Studien mit ähnlichen Stimulationsprotokollen und Bewertungsmethoden vor.4

In einigen rTMS Studien mit Alzheimer Betroffenen wurde der dorsolaterale präfrontale Kortex als Zielort verwendet, weil dieser Kortex an der Stimmungsregulierung und der kognitiven Kontrolle beteiligt ist; in anderen Studien war der Praecuneus der Stimulationsort.3-9 Eine Meta-Analyse weist darauf hin, dass die Wahl des Stimulationsortes für die Wirksamkeit der rTMS von entscheidender Bedeutung ist.10 Der Trend bei der rTMS geht hin zu einer personalisierter Anwendung.6 Der dorsolaterale präfrontale Kortex oder der Praecuneus bleiben zwar übliche Zielorte für die rTMS, der optimale Zielort wird jedoch zunehmend auf die individuellen Krankheitsmerkmale und die verfügbaren Behandlungsmechanismen abgestimmt.6

In Studien erlauben aufwendige Konnektivitätsanalysen unter Verwendung von funktionaler Magnet Resonanz Tomographie (fMRT) zu Studienbeginn eine genaue und konsistente Ausrichtung der rTMS auf die gewünschte Hirnregion zu gewährleisten.6 Im klinischen Umfeld ist so eine personalisierte Anwendung allerdings aufgrund von Zeit- und Ressourcenbeschränkungen eine Herausforderung.6 Ferner gibt es wenig Klarheit zu methodologischen Fragen wie beispielsweise die anzuwendende Stimulationsfrequenz oder die Anzahl Therapiesitzungen. Wirksamer zu sein scheinen 20 Hz rTMS als10 Hz oder 1 Hz rTMS bzw. mehr als 10 Sitzungen im Vergleich zu weniger als 10 Sitzungen.6 Die aktuelle Datenlage deutet darauf hin, dass Patienten in einem früheren Stadium der Alzheimer Krankheit besser von rTMS profitieren können als Patienten in einem späteren Krankheitsstadium.6

Entsprechend ist aus Sicht der Arbeitsgruppe Alzheimer Qualitätshandbuch die klinische Anwendung von rTMS bei Patienten mit einer Alzheimer Krankheit außerhalb von formellen klinischen Studien verfrüht.11 Hingegen kann die Anwendung von rTMS bei Patienten mit einer Alzheimer Krankheit im Rahmen von klinischen Studien an neurologischen Zentren in Betracht gezogen werden.11 Dies mit dem Ziel die Evidenz zu substantiieren. Entsprechende rTMS Studien mit Alzheimer Betroffenen werden an neurologischen Zentren in Deutschland durchgeführt.11 Die S3 Leitlinien Demenzen12 machen keine Aussage zu dieser Methode.

Referenzen

  1. DocCheck Flexikon. Transkranielle Magnetstimulation. Verfügbar unter: https://flexikon.doccheck.com/de/Transkranielle_Magnetstimulation, Zugriff am 22.01.2025.
  2. Jooß, A; Ziemann, U. Transkranielle Magnetstimulation: Auf dem Weg zur individualisierten Neuromedizin. Dtsch Arztebl 2023; 120(50): A-2147 / B-1823.
  3. Lefaucheur JP, André-Obadia N, Antal A, et al. Evidence-based guidelines on the therapeutic use of repetitive transcranial magnetic stimulation (rTMS). Clin Neurophysiol. 2014;125(11):2150-2206. doi:10.1016/j.clinph.2014.05.021.
  4. Lefaucheur JP, Aleman A, Baeken C, et al. Evidence-based guidelines on the therapeutic use of repetitive transcranial magnetic stimulation (rTMS): An update (2014-2018) [published correction appears in Clin Neurophysiol. 2020 May;131(5):1168-1169. doi: 10.1016/j.clinph.2020.02.003]. Clin Neurophysiol. 2020;131(2):474-528. doi:10.1016/j.clinph.2019.11.002.
  5. Wang X, Mao Z, Ling Z, Yu X. Repetitive transcranial magnetic stimulation for cognitive impairment in Alzheimer’s disease: a meta-analysis of randomized controlled trials. J Neurol. 2020;267(3):791-801. doi:10.1007/s00415-019-09644-y.
  6. Jung YH, Jang H, Park S, et al. Effectiveness of Personalized Hippocampal Network-Targeted Stimulation in Alzheimer Disease: A Randomized Clinical Trial [published correction appears in JAMA Netw Open. 2024 Jul 1;7(7):e2426187. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.26187]. JAMA Netw Open. 2024;7(5):e249220. Published 2024 May 1. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.9220.
  7. Koch G, Casula EP, Bonnì S, et al. Precuneus magnetic stimulation for Alzheimer’s disease: a randomized, sham-controlled trial. Brain. 2022;145(11):3776-3786. doi:10.1093/brain/awac285.
  8. Koch G, Bonnì S, Pellicciari MC, et al. Transcranial magnetic stimulation of the precuneus enhances memory and neural activity in prodromal Alzheimer’s disease. Neuroimage. 2018;169:302-311. doi:10.1016/j.neuroimage.2017.12.048.
  9. Bonnì S, Veniero D, Mastropasqua C, et al. TMS evidence for a selective role of the precuneus in source memory retrieval.Behav Brain Res. 2015;282:70-75. doi:10.1016/j.bbr.2014.12.032.
  10. Menardi A, Dotti L, Ambrosini E, Vallesi A. Transcranial magnetic stimulation treatment in Alzheimer’s disease: a meta-analysis of its efficacy as a function of protocol characteristics and degree of personalization. J Neurol. 2022;269(10):5283-5301. doi:10.1007/s00415-022-11236-2.
  11. Projekt-Arbeitsgruppe Alzheimer Qualitätshandbuch der drei Berufsverbände der Fächer Neurologie, Psychiatrie und Nervenheilkunde (BDN/BVDP/BVDN). März 2025.
  12. DGN e. V. & DGPPN e. V. (Hrsg.) S3-Leitlinie Demenzen, Version 5.0, 28.02.2025, verfügbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/038-013, Zugriff am 13.03.2025.

Verantwortliche für das Kapitel:

  • Dr. med. Klaus Gehring
  • Prof. Dr. med. Martin Südmeyer

Redaktion:

  • Dr. Martina B. Sintzel