Diagnostikschema

Schematische Darstellung zur frühen Diagnostik einer Alzheimer-Erkrankung

Gemäss den S3 Leitlinien Demenzen soll heute mit folgender Begründung eine Diagnose «zeitgerecht» erfolgen (Expertenkonsensus):

Unter dem Begriff «zeitgerechte Diagnose» wird ein Diagnosezeitpunkt verstanden, der eine bestmögliche weitere Behandlung und Versorgung der betroffenen Person ermöglicht. Das ist beispielsweise ein Zeitpunkt an dem wirksame Interventionsmöglichkeiten eingesetzt werden können, von denen die betroffenen Personen profitieren, sei es im Sinne einer Verbesserung der Symptome oder einer Verzögerung des Fortschreitens des Krankheitsverlaufs. Eine bestmögliche Behandlungsqualität bedeutet auch die Ermöglichung eigenständiger informierter Entscheidungen in Bezug auf die eigene Lebensplanung (z.B. Advance Care Planning). Eine zeitgerechte Diagnose («timely diagnosis») ist nicht grundsätzlich, aber häufig eine Diagnose im frühen Krankheitsstadium.1 Diese Sichtweise steht im Einklang mit wissenschaftlichen Diskussionen auf internationaler Ebene, wird aber teilweise kritisch gesehen.

Nicht alle teilen diese Meinung, die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) weist in einem Sondervotum in den S3 Leitlinien Demenzen darauf hin, dass es bisher keine eindeutige Evidenz dafür, dass eine frühe Diagnosestellung von Vorteil ist und welcher Zeitpunkt als zeitgerecht anzusehen ist.1,2

Die DEGAM empfiehlt eine Diagnosemitteilung «entsprechend einer individuell an die persönliche Situation und Verfassung von Betroffenen und Angehörigen orientierten Vorgehensweise». Auch das Recht auf Uninformiertheit von Patienten soll berücksichtigt werden.1 Zudem rät die DEGAM bei der Indikationsstellung die wahrscheinlich erhöhte Rate von Suizidversuchen und etwaige negative Auswirkungen auf die Lebensqualität zu berücksichtigen, insbesondere bei Personen mit einer leichten kognitiven Störung.1

  1. DGN e. V. & DGPPN e. V. (Hrsg.) S3-Leitlinie Demenzen, Version 5.0, 28.02.2025, verfügbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/038-013, Zugriff am 13.03.2025.
  2. Günak MM, Barnes DE, Yaffe K, Li Y, Byers AL. Risk of Suicide Attempt in Patients With Recent Diagnosis of Mild Cognitive Impairment or Dementia. JAMA Psychiatry. 2021;78(6):659-666. doi:10.1001/jamapsychiatry.2021.0150.

Verantwortliche für das Kapitel:

  • Prof. Dr. med. Thomas Duning
  • Prof. Dr. med. Martin Südmeyer

Redaktion:

  • Dr. Martina B. Sintzel